30. September 2024
Die FRZ Flughafenregion Zürich hat unseren CEO Stefan Lienhard an den Interview-Tisch gebeten und ihn über die Erfolge, Herausforderungen und Zukunftspläne des dhc gefragt. Hier liest du seine Antworten.
FRZ: Welche Erfolge hat das dhc bereits erzielt?
Stefan Lienhard: Wir haben innerhalb von zwei Jahren eine interdisziplinäre Community mit rund 70 Mitgliedern aufgebaut, welche die Digitalisierung und Innovation im Gesundheitswesen gemeinsam fördert. Dabei wird beispielsweise Digital Health-Startups der Zugang zu praktischem Knowhow, thematischen Services oder etablierten Akteuren erleichtert. Mit gut 60 Veranstaltungen wie dem „Innovationday“, der „Shit happens Session“ oder zahlreichen themenspezifischen Webinaren wurden zudem informelle Formate und Plattformen für den unkomplizierten Wissens- und Erfahrungsaustausch von Mitgliedern und Partnern geschaffen. Dies hat einerseits zur Entwicklung und Implementierung von innovativen und digitalen Lösungen beigetragen, die die Gesundheitsversorgung effizienter und patientenfreundlicher machen und andererseits sind im Netzwerk bereits neue Partnerschaften und Kooperationen entstanden.
Welche weiteren Aktivitäten möchten Sie erwähnen?
In Kooperation mit der Firma Tenity und der Zürcher Kantonalbank als Mitinitiantin wurde ein wegweisendes Inkubations- bzw. Akzeleration Programm für Startups aus der Branche initiiert. Dieses unterstützt Gesundheits-Startups in deren Entwicklungsphase und begleitet sie auf dem Weg zur Marktreife und zur sogenannten „Investment-Readiness“.
Darüber hinaus ist das dhc umgezogen…
Per Anfang Mai diesen Jahres ist das dhc, nach zwei Jahren in temporären Büroräumlichkeiten, in den geplanten Neubau im GLASI-Areal in Bülach umgezogen. Die neuen Büroräumlichkeiten und moderne Infrastruktur helfen uns, das dhc als zentralen Ort der Begegnung und des Austauschs weiter zu etablieren. Man darf bei aller Euphorie nicht vergessen: Das dhc ist selbst ein Startup mit gerade mal 180 Stellenprozenten und entsprechend begrenzten Ressourcen. Aus dieser Sicht ist es sicher beachtenswert, welche Fortschritte und Erfolge bereits erzielt wurden und dass sich ein sehr positives Image entwickelt hat.
Welche Unternehmen sollen mit dem dhc kooperieren?
Startups, Leistungserbringende und weitere Anbieter aus dem Gesundheitswesen sowie Dienstleistende und Lösungsanbieter – nicht nur aus dem ICT-Bereich. Das dhc bietet Startups eine einzigartige Plattform, um ihre Ideen zu validieren, Zugang zu einem umfassenden Netzwerk zu erhalten und von Experten im Gesundheitswesen Unterstützung zu erhalten. Dies fördert nicht nur die Innovation, sondern auch die Marktfähigkeit der entwickelten Lösungen. ICT- und Technologieunternehmen profitieren von unserem Ökosystem ebenso wie die Branche selbst: Gerade kleinere und mittlere Kliniken, Spitäler, Heime oder Praxen können über das dhc nicht nur in Sachen Innovation am Ball bleiben, sie erhalten bei uns sowohl strategische wie auch operative Unterstützung rund um die vielfältigen Digitalisierungsthemen. Nicht jede Klinik oder jedes Heim leistet sich ein eigenes Innovationsteam und der Fachkräftemangel macht sich nicht nur am Patientenbett bemerkbar. Eine Community wie das dhc bietet ihnen eine einfache Möglichkeit, einen niederschwelligen Zugang zu Gleichgesinnten, ExpertInnen oder Startups zu erhalten.
Was sind die grössten Herausforderungen bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens?
Die Herausforderungen bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens sind vielfältig und sie umfassen eine Vielzahl von Aspekten. Dazu zählen die komplexe und fragmentierte Applikationslandschaft, eine entsprechend tiefe Standardisierung und somit die Interoperabilität der Systeme. Weiter kommen Themen wie Datenschutz und -sicherheit, langwierige Zulassungsverfahren von medizinischen Produkten (Hard- & Software) sowie die in vielen Unternehmen weiterhin fehlende Akzeptanz und Offenheit gegenüber neuen Technologien. Wie schon erwähnt fehlt es auch im ICT-Bereich oder im Projektmanagement an qualifizierten Fachkräften, was sich in der tiefen digitalen Maturität der allermeisten Branchenteilnehmer widerspiegelt. Mir macht aber vor allem etwas Bauchweh: Die Leistungserbringer leiden unter einem enormen Kostendruck und sie setzen den Rotstift leider auch im Bereich der Innovations- und Digitalisierungsvorhaben an. Heisst: Man hält weiterhin und immer noch viel zu hartnäckig an alten Prozessen fest.
Wo liegt konkret der Schwerpunkt der aktuellen und künftigen Projekte?
Aktuell liegen einige interessante Ideen auf dem Tisch, welche die Vereinfachung und Optimierung, insbesondere von Administrations- und Supportprozessen, fokussieren. Weiter ist das Überthema KI omnipräsent und es drängen gerade hier diverse spannende Startups in den Markt. Das dhc-Netzwerk konzentriert sich generell auf die Entwicklung von innovativen digitalen Tools, die den gesamten Prozess der Gesundheitsversorgung effizienter und patientenfreundlicher gestalten sollen.
Welche Rolle wird KI in der zukünftigen Patientenversorgung spielen?
Die Künstliche Intelligenz ist das Hype-Thema überhaupt und die Erwartungen riesig bzw. teils überhöht. Zuerst wird die Technologie den Durchbruch im administrativen Bereich schaffen, dort liegt ein enormes Potential zur Kostenreduktion und Effizienzsteigerung – und man kann damit den Fachkräftemangel zwar nicht beheben aber zumindest etwas auffangen. Deutlich länger dauert es, bis KI in der zukünftigen Patientenversorgung eine zentrale Rolle spielt, indem sie die Effizienz, Präzision und somit auch die Personalisierung von Gesundheitsleistungen erheblich verbessert. KI kann und wird hoffentlich die Art und Weise, wie Diagnosen gestellt, Behandlungen geplant und Patienten überwacht werden, revolutionieren. Sie ermöglicht prädiktive Analysen, automatisierte Prozesse sowie eine stärkere und aktivere Einbindung der PatientInnen in ihre eigene Gesundheitsversorgung. Herausforderungen wie Datenschutz, ethische Fragen und die Integration in bestehende Systemlandschaften müssen jedoch sorgfältig adressiert werden.
Welche Meilensteine plant das dhc in den nächsten Jahren?
Wir wollen unsere Rolle und Position als Anlaufstelle rund um Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter stärken. Das geht jedoch nur mit engagierten Mitgliedern, starken Partnern und braucht vor allem eines: Zeit. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass es in ein paar Jahren weitere dhc-Standorte in der Schweiz gibt und sich eine Art Franchising-System entwickelt.
«Mir macht aber vor allem etwas Bauchweh: Die Leistungserbringer leiden unter einem enormen Kostendruck und sie setzen den Rotstift leider auch im Bereich der Innovations- und Digitalisierungsvorhaben an. Heisst: Man hält weiterhin und immer noch viel zu hartnäckig an alten Prozessen fest.»